Donnerstag, 20. Juni 2013

Manöver - Mindestlohn

Politische Rhetorik und politische Korrektheit können die Schieflage des deutschen Taxigewerbes nicht beschreiben. Zitat aus der Saarbrücker Zeitung:

Taxifahren müsste bei Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes von 8,50 Euro die Stunde rund ein Viertel teurer werden. Das besagt ein Gutachten, das der Deutsche Taxi- und Mietwagenverband (BZP) gestern auf seiner Bundestagung in Saarbrücken vorlegte. Außerdem wäre ein Großteil der Betriebe gefährdet. (..)
Im Saarland, so legte der Vorsitzende des Landesverbandes Verkehrsgewerbe (LVS), Hans-Jörg Hartmann (Nohfelden) dar, liegen die Taxipreise seit etwa vier Jahren unverändert bei 1,60 Euro pro Kilometer plus meist 2,50 Euro Grundgebühr. Zwei Drittel der Fahrer der 1200 Taxiunternehmen im Saarland sind Mini-Jobber, von denen viele finanzielle Aufstockung erhalten“, sagt Schmidt. Darüber, dass man vom Taxifahren besser leben können muss, waren sich Gewerbe und Politiker einig. Gestritten wurde jedoch über den Weg. Für einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro plädierten Thomas Lutze (Linke), Elke Ferner (SPD) und Markus Tressel (Grüne). Alexander Funk (CDU) trat dagegen eher für eine branchen- und regionenbezogene Lohnuntergrenze ein, und auch Oliver Luksic (FDP) nannte den gesetzlichen Mindestlohn „für Unternehmen, Fahrer und Kunden falsch“. (..) „Wir können von acht Euro Umsatz die Stunde nicht 8,50 Euro Mindestlohn zahlen“, sagte Taxi- Verbandspräsident Michael Müller (Hannover).

Zitat Ende.

http://www.saarbruecker-zeitung.de/karriere/top-news/art354693,4795243

Das Thema kann nicht "Mindestlohn" oder "Lohnuntergrenzen" sein oder eine wortreiche Differenzierung der beiden Begrifflichkeiten, sondern die Auseinandersetzung mit staatlicherseits implementierter Minderbeschäftigung in Form unreglementierter Vergabe von Taxikonzessionen zur Besserung der Arbeitslosenstatistik. Wenn die Taxifahrer im Saarland 75 % ihrer Arbeitszeit arbeitslos sind, erübrigen sich Gespräche über Tariferhöhungen. Diese können erst stattfinden, wenn die Arbeitsschicht mit circa 15 bis 30 Touren ausgelastet ist.

1,6 € Kilometerpreis und 2,5 € Grundgebühr stellen per se kein "Unrecht" an den Fahrern dar. Zitat:

Stadt Oldenburg

Taxitarif von 1980

Grundbetrag3,00 DM
Kilometerpreis1,50 DM
Zitat Ende. 

 http://www.derinnenspiegel.de/taxitarife/oldenburg/taxitarif1980.php

Unter Verwendung des Taxitarifs von 1980 der Stadt Oldenburg als eines damaligen gesamtdeutschen Querschnitts ergibt sich folgende Rechnung: 3 DM mal 1,02 hoch 33 (unterstellte Inflationsrate von 2 % pro Jahr für einen Berechnungszeitraum von 33 Jahren) ergeben 2,95 Euro. 1,50 DM mal 1,02 hoch 33 ergeben 1,47 Euro. Demnach könnte man den Grundpreis um 18 % anheben (2,5 € --> 2,95€), während man den Kilometerpreis um 8 % senken könnte (1,6 € --> 1,47 €). Der Kilometerpreis ist in der Praxis die bedeutendere Größe im Vergleich zum Grundpreis.

Beispiel zu Grundgebühr- und Kilometerpreiseffekten (unter Vernachlässigung des Zeitfaktors):

20 Touren zu 6 Kilometern zu 12,1 € bei 1,6 € Kilometerpreis und 2,5 € Grundgebühr im Vergleich zu 20 Touren zu 6 Kilometern zu 11,8 €  bei 1,47 € Kilometerpreis und 2,95 € Grundgebühr ergeben Mehreinnahmen von 242 € minus 235,4 €  sind gleich 6,6 €. Das heißt die vergleichsweise niedrige Grundgebühr von derzeit 2,5 € wird durch den im Inflationsmaßstab hohen Kilometerpreis von derzeit 1,6 € überkompensiert.

Demzufolge ist der für Gewerbevertretung und Politik maßgebliche Anknüpfungspunkt nicht die Tariffrage sondern die um mehr als 50 % reduzierte Tourenzahl pro Schicht.

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